Der Wald des Nordens

Corbo musterte verwirrt die Spuren und zuckte ahnungslos mit den Schultern als Mordred ihn fragend ansah. Er schnupperte, doch der einzige Geruch war der der Ren's die vor ihnen geflüchtet waren. Er seufzte, doch sah dann eine deutliche Spur Blut. Etwas dröhnte eus dem Dickicht, eine Stimme.

Derya nickte, dann verschwanden Mordred und Corbo. Der Wald verschlang ihre Silhouetten und die junge Fähe war allein. Verstohlen sah sie nach links, dann nach rechts. War es ein anderer Wolf gewesen, der ihnen auflauerte? Waren es die Menschen? Es lief ihr kalt den Rücken hinunter und sie schloss für einen kurzen Moment die Augen.

Selbst das Schrittempo der Wölfe war schneller, als Caspers hin und her Geschiebe der Beute.
Vorsichtig zog er sein Geweih aus ihr und wendete sich. Noch waren sie nicht zu sehen, aber zu wittern.
Ein kluges Beutetier wäre umgedreht und davon gelaufen, aber als Hirsch war nicht annähernd ein so guter Streckenläufer, wie ein Wolf.
Seufzend blickte er auf die deutliche Spur, die er hinterließ und rollte mit den Augen, genervt wegen seiner eigenen Leichtsinnigkeit. Er wendete sich vom Weg ab, und bewegte sich nun direkt auf die Wölfe zu, geschützt von einer dicken Buschwand die so groß war, das darüber nur sein Geweih zu erkennen war. Er bewegte sich schnell, konnte sie riechen. Er stand nun seitlich zu ihnen, etwa fünf Meter vor ihnen, zwei Meter daneben und dazwischen, die Büschung die einen Sichtkontakt unmöglich machte. "Das könnte für uns alle unangenehm werden..." Er sprach zum ersten mal mit dieser Stimme, diese war besonders tief, aber floss aus seinem Maul wie eine süße Flüssigkeit.

"Ich hoffe es ist nicht der Grund, weshalb die Menschen uns jagen", raunte Mordred dem anderen Rüden zu, nachdem dieser sich ihm angeschlossen hatte. Vergessen war die Beute. Vergessen die Streitigkeit um Rang und Namen. Vergessen die aufkommende Feindschaft.
Mordred hielt prüfend die Nase in den Wind und witterte. Er konnte weder den typischen Geruch von Fäulnis und Verwesung wittern und auch das seltsame rasselde Keuchen blieb aus. Die Bestie war es nicht, die da durch den Wald drosch und doch war das Geräusch, welches der Fremde verursachte, eigentümlich. Und dann wusste er auch weshalb. Mordred stupste seinen Gefährten sanft in die Seite und wies mit seiner Schnauze auf den Boden. Eine tiefe Furche durchzog den Waldboden, als würde jemand etwas schweres hinter sich herschleifen. Nein, nicht ziehen. Er schob es. Verwirrt blieb Mordred stehen und betrachtete die Hufabdrücke, die sich deutlich auf der Spur abbildeten. Hätte der Fremde seine Last gezogen, hätte er damit seine Spur verwischt, doch die Spuren waren eindeutig. Wie war das Möglich? Die Pferde der Menschen trugen ihre Lasten auf dem Rücken oder zogen sie, welches Tier schob seine Beute? Fragend schaute er Corbo an.

Corbo spitzte die Ohren. Er versuchte etwas zu wittern, doch das Fleisch und das Frische Blut blendeten seine Sinne. Er nahm sich noch ein stück Fleisch und sah Derya streng an "Bleib hier ja? Wir sind gleich zurück. Bedien dich am Fleisch".
Er folgte Mordred und hatte schnell aufgeholt. Er gesellte sich an seine Seite "Was war das?" raunte er leise, in der Vorahnung etwas war hier, von dem auch Mordred nicht wusste was es war.

Derya hatte gerade einen Bissen getan, da ging Mordred. Sie wand den Kopf und folgte ihm mit ihrem Blick. Was war los? Plötzlich konnte sie auch ein Geräusch wahrnehmen. Es war leise, klang wie zerbrechende Äste und war ebenso schnell verklungen, wie es da war. Fragend sah sie Corbo an.

Die Schreie des sterbenden Tieres verstummten und ließen den toten Körper zurück. Casper sah hinunter, Blut tropfte von seinem Geweih.
Diese Wölfe würden ihn finden und ihn vermutlich selber zum Gejagten machen. Von allen Möglichkeiten wählte er eine unauffällige Flucht.
Zu lange hatte er nichts mehr gegessen, zu groß war sein Hunger, um jetzt seine Beute hinter sich zu lassen. Vorsichtig senkte er seinen Kopf und drückte die Spitzen seines Geweihes in sein Opfer. Diese drangen leicht in das Fleisch ein, bevor sich der Kadaver anfing zu bewegen. Grob schob er sein Opfer vor sich hin. Bei jeder Beschleunigung knackten Äste lauter, raschelte Laub auffälliger.

Mordreds Augen verengten sich zu schlitzen. Dieser Mann wollte ihm seinen Rang streitig machen, das durfte er nicht zulassen! Er war schon dabei die Lefzen zurück zu ziehen und die Muskeln zum Sprung anzuspannen, als ihm die Tragweite dieses Gedankens bewusst wurde. Er hatte gedacht wie ein Mensch, hatte von Corbo gedacht wie von einem anderen Menschen und er hatte um seinen Rang gefürchtet. Dominates Verhalten, etwas, dass es so nur unter den Menschen gab. Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als ihm bewusst wurde, was dies bedeutete.
Wie hatte es nur so weit kommen können?
Sein Blick glitt von Corbo ab und er betrachtete einen Jeden um sich herum mit einem prüfenden Blick. Sie waren kein Rudel und doch sollten sie eines werden. Doch dies würde er nicht mit Streitigkeiten und Dominanzgehabe erreichen. Sie befanden sich nicht in einer Spelunke in der sich die betrunkenen Männer wegen irgendeines Weibes an die Kehle gingen. Sie waren Wölfe.
Wölfe konnten nicht in einem Rudel überleben, wenn sie ständig rauften und sich gegenseitig bekämpften. Es gäbe keinen Zusammenhalt bei der überlebenswichtigen Jagd, keinen Zusammenhalt bei der Verteidigung des Rudels.
War er ein Alpha oder ein unterdrückender Herrscher? Mit einem leisen Lächeln um die Lefzen trat er einen Schritt zurück und gebot mit einem Rutenzucken den anderen Wölfen zu fressen. Er würde ihnen ihre Beute überlassen. Er war stark genug auf die Nahrung zu verzichten, die sein Rudel so dringend nötig hatte.
Gerade als er sich erhob, um Derya Platz zu machen, vernahmen seine geschärften Ohren ein eigentümliches Geräusch. Der angsterfüllte Schrei eines sterbenden Rens. Augenblicklich spannten sich alle Muskeln an und ein Grollen stieg in seiner Kehle auf. Wer wagte es in seinem Revier zu jagen ohne ihn um Erlaubnis zu bitten? Unwillkürlich musste er an die Bestie denken. Wagte sie sich tatsächlich soweit vor? Oder waren es die Menschen, die kamen, um den Wölfen die überlebenswichtige Nahrung zu stehlen? Er warf dem zufrieden kauenden Corbo einen Seitenblick zu. /Und ich habe mir Sorgen um meinen Rang gemacht. Als ob es nichts wichtigeres gäbe./
Er trat einige Schritte auf das Geräusch zu, dann wandte er sich zu den anderen beiden Wölfen um. „Fresst euch satt, aber lasst noch etwas für den Frischbeutevorrat übrig. Ich werde mich ein wenig umsehen.“
Damit ging er.

Mit hoch erhobener Rute und einem strengen Blick lief Corbo auf die Beute zu. Sofort nachdem Mordred seinen Todesbiss beendet hatte riss Corbo sich ein Stück aus der Flanke des Tieres. Ohne ein Wort, komplett selbstverständlich. Während er auf eine Reaktion wartete genoss er das Saftige Fleisch zwischen den Zähnen. Er brummte zufrieden.

Die junge Fähe kam leichtfüßig zu den Rüden angelaufen. Der Duft des frisch erlegten Rens drang in ihre Nase und riefen das gierige Zucken in ihren Lefzen hervor, sich ebenfalls an dem Mahl zu laben. Jedoch war es ihre Unterwürfigkeit, die sie daran hinderte. Geduldig setzte sie sich neben die fressenden Rüden und wartete auf ein Zeichen, dass auch sie ihren nagenden Hunger an dem Ren befriedigen konnte.

Der Angriff der Wölfe traf Casper aus dem Nichts. Hoch trug er sein Geweih, als die Wölfe aus den Gebüschen preschten.
Viele Tiere hatten sich schnell entfernen können, als Mordred seinen Angriff startete, diesen setzte Casper jetzt hinterher.
Er genoss es jedes mal, wenn seine dünnen Beine seinen gewaltigen Körper trugen, als würde er nur so viel wie eine Feder wiegen. Keiner dieser Huftiere war sich der Gewalt eines Geweihes bewusst, weswegen auch keines der Weibchen zu bemerken schien, dass sie noch immer gejagt wurden.
Rumpf an Rumpf galoppiert er mit einer Gefährtin, mit der er gerade noch das Gras teilte. Er sank seinen Kopf, was ihn zwar abbremste, er brauchte aber auch nicht mehr lange. Mit dem nächsten Baum, den sie streiften, holte er mit seinem Kopf aus und drückte die spitzen Enden seines Geweihes in den Torso seiner Genossin und diese damit gegen den Baum. Diese schrie laut auf, bevor sie strampelnd zu Boden viel. Er drückte seine Hufe tief in den Boden und kam schnell zum stillstand. Zu seinen Füßen, sein wehrloses Opfer, blutend und schreiend. Eine Geweihspitze hatte ihren Hals durchbohrt, was ihr zwar einen schnelleren, aber trotzdem einen schmerzvollen Tod ab.

Corbo landete elegant neben dem Toten Ren und schloss die Augen um den betörenden Geruch des Blutes zu genießen.
Er setzte zu einem Kehligen, kräftigen Heulen an um die erfolgreiche Jagd Kund zu tun. Zufrieden funkelte er die Beute an.
Bald stand wohl der erste ernste Rangkampf an, den nun war die Frage wer zuerst von der Beute fressen durfte. Und Corbo hatte nicht vor sich diese Ehre nehmen zu lassen.

Mordred war kein Anfänger mehr und ließ sich durch Corbos Ruf nicht ablenken. Statt dessen erkannte er die Warnung und er registrierte mit Wohlwollen die Geste des jungen Rüden. Noch einen Wimpernschlag lang wartete er. Wartete, während Corbo nach vorn sprang, um das aufgeschreckte Ren völliger Panik anheim fallen zu lassen. Wartete, während das Tier in wilder Todesangst auskeilte, nur um in dem Moment, in dem es sich nach vorn aufbäumte, aus seinem Versteck zu erheben und in einer einzigen, fließenden Bewegung aus seiner liegenden Position in einen senkrechten Sprung streckte. Die Hufe des Tieres wirbelten durch die Luft, doch waren sie bereits im Begriff zu sinken, während die Kehle des Tieres vor Mordreds Fang ungeschützt war. Scharfe Zähne gruben sich durch borstiges Fell, durchschlugen die Haut und bohrten sich tief in das saftige Fleisch. Blut spritzte ihm entgegen, benetzte seine Lefzen und drang ihm in die Kehle. Er schluckte und für einen Augenblick vergaß er alles um sich herum. Für ihn gab es nurnoch das pulsierende Leben, welches er mit einem dumpfen Aufschlag zu Boden rang und ihm durch einen kraftvollen Ruck ein Ende bereitete.

Derya beobachtete das Szenario gespannt, während sie inzwischen von der Herde abgelassen hatte und aufpasste, dass sich das Jungtier Corbo nicht entreißen konnte.

Corbos Herz raste im Takt des Hufgeklappers der Herde. Ein breites Grinsen machte sich auf seinen Lefzen breit als ein verirrtes Jungtier sich von der Herde loslöste. Es rannte nun genau auf Morder zu. Die Panik in den Augen seiner Beute ließen seine Lefzen zucken und den Geifer aus seiner Schnauze tropfen.
Mit einem abgehackten Geräusch, das einem bellen ähnelte warnte er Mordred vor und sprang nach vorne um das Tier noch einmal aufzuschrecken.

Mordred hatte dem anderen Rüden noch kurz zugenickt, dann hatte er sich einige Wolflängen von ihm entfernt. Er duckte sich tief in das Dickicht und sein dunkler Pelz vermischte sich mit dem Unterholz. Sobald eines der panisch gewordenen Tiere ausbrach, würde er vorspringen, um es nieder zu strecken. Er war positiv von den beiden Wölfen überrascht. Sie hatten seinem Plan ohne Umschweife zugestimmt und machten ihre Sache gut. Von seiner Position aus konnte er Corbo nicht sehen, doch konnte er ihn hören. Und auch Derya hörte er jetzt, sie heitzte den Rens tüchtig ein, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Unweigerlich duckte er sich tiefer, wie eine Katze zum Sprung bereit, jeder Muskel angespannt, konzentriert auf seine Aufgabe.

Die junge Fähe nickte entschlossen, "Okay verstanden. Seid aber auch ihr nicht übermütig.." Sie sah noch einmal in die Runde, ehe sie loslief und sich, stets im Dickicht versteckend, fast lautlos an die Rens heran schlich. Als sie nahe genug dann war, lief sie los, knurrend und polternd. Die Herde rieß die Köpfe in die Luft, gab panische Laute von sich und begannen los zu galoppieren. Der Plan ging auf und so näherten sie sich den Anderen.

Corbo nickte entschlossen und wurde langsamer bis er schließlich stehen blieb. "Derya, pass auf das keins der panischen Tiere dich erwischt. Die Hufe sind spitz und ebenso ihre Geweihe. Ich warte hier auf dich und die Tiere". Er nickte beiden zu. Eine Jagd im Rudel war lange her, doch sofort fühlte er sich wohl und ein Lächeln zuckte über seine Lefzen /Na dann mal los/.

Mordred hatte Dräcks leise geflüsterte Worte vernommen und sie brannten sich in sein Gedächtnis. Die Schreie waren es, die ihn seit seinem Tod verfolgten. Die Schreie seiner sterbenden Brüder und Schwerstern, die Schreie der Menschen und der Schrei, der sie alle übertraf. Waren die Schreie von Wolf und Mensch voller Todesangst gewesen, so hatte dieser eine Schrei nur brennende Wut inne.
Als sich Corbo in Bewegung setzte, blieb er noch einen Augenblick lang stehen, dann setzte er sich in gleichmäßig federnden Schritten in Bewegung, schloss ohne Mühe zu den beiden Wölfen auf und gesellte sich dieses Mal an Corbos Seite. Er lief weder schneller, noch langsamer als der andere Wolf, doch schon nach kurzer Zeit wurde er wieder langsamer und gab seinen beiden Jagdgefährten mit einem Blick und dem zucken seiner Lefzen zu verstehen, dass sie ebenfalls langsamer werden sollten. Sie waren fast da, re konnte die Beute wittern. Tatsächlich befanden sich einige Rens auf der Lichtung, doch der Wind kam ihnen aus dem Rücken. Er hielt prüfend die Nase in den Wind, um sie darauf aufmerksam zu machen, dann wande er sich zu ihnen um. "Ich schlage vor, dass wir uns aufteilen und die Beute umkreisen. Derya, du bist eine flinke, wendige Fähe und kannst die Rens aufscheuchen und in unsere Richtung jagen. Corbo, du bist ein Nordwolf und ein Krieger, für dich sollte es ein Leichtes sein, die panischen Rens zu Fall zu bringen." Wenn sie seinen Vorschlag akzeptierten, würde jeder von ihnen seine Stärken ausfüllen und er konnte sicher stellen, dass Derya nicht unter die Hufe der Tiere geriet. Sollte Corbo in Bedrängnis geraten, war er zur Stelle, auch wenn er nicht davon ausging, dass der stattliche Rüde seine Hilfe benötigte.

Die Fähe des Kreises hatte ebenfalls Mordreds Worten gelauscht und hatte Dräck hinterher gesehen, als dieser sich von der kleinen Truppe gelöst hatte. Ihr gefiel es nicht, einen Wolf allein zu lassen, doch sie verstand, dass Dräck seinem Glauben folgen leisten wollte, auch wenn es ihr seine vorherigen Worte etwas unheimlich erscheint hatten. Derya sah mit ihren dunklen Augen zu Morded, dann zu Corbo. Sie spürte, dass Corbo die Alphaposition von Mordred scheinbar in Frage stellte und wohl selbst die Initiative ergriff. Ihr war bewusst, dass sie nun das einzige weibliche Wesen in ihrer Mitte war und hoffte, dass es zu keinen ernsteren Komplikationen deswegen kam. Bisher war glücklicherweise alles gut gelaufen. Ihr Schritttempo beschleunigte sich und während sie, im leichten Trapp, voran liefen, striff der Blick der dunklen Fähe etwas leuchtend Helles zwischen den Bäumen. Sie zuckte leicht und unmerklich für ihre Begleiter zusammen, doch als sie zum zweiten Mal hinsah, war dort nichts zu sehen. Verwirrt schüttelte sie leicht den Kopf, schnaubte kurz und richtete ihre Augen wieder nach vorn, wo Mordred und Corbo liefen.

Corbo hatte Mordred kritisch beäugt während er mit Dräck sprach. Es kam ihm vor als müsse der Rüde seine Worte sanfter formen, damit Dräck sich nicht blöd vorkam. Die Nordische Religion war wohl kalt und überließ dem Jäger selbst, wie er seine Beute behandelte und so verstand Corbo solch Rituale nicht. Es war doch Schwachsinn auf sein Essen warten zu müssen, nur um etwas zu beachten, dass nur Einbildung war.
Als Dräck verschwunden war entschloss Corbo das Tempo der Gruppe etwas zu erhöhen. Er gab Mordred mit einem Rutenzucken bescheid und fiel in einen schnellen Trab.

Dräck lächelte anerkennend in Mordreds Richtung.
Mit Corbos Aussage hätte er sich durchaus zufrieden gegeben, aber Mordreds Aussage stimmte ihn mehr als zufrieden.
"Vielen Dank, Mordred. Fische scheinen mir angemessen, kleine Seelen, leicht zu lösen. Ich denke ich werde dann östlich gehen."
Er nickte jeden der Wölfe einmal zu, die allesamt schon heiß auf die Jagd waren, bevor er sich abwandte.
Er hatte sich schon vollständig in Richtung Osten gedreht, doch er stoppte und flüsterte, nur so gerade eben für alle hörbar.
"Ich kann sie dann hören... Ihre Schreie. Man würde sein Leben einem Kalb schenken, damit man seine Schreie nicht mehr hören muss."

-> Wasserfall

Mordred betrachtete Corbo mit anerkennendem Blick. Auch wenn es für ihn befremdlich war, dass ein fremder Rüde seine Alphaposition so offen in Frage stellte, so schätzte er doch den Mut des Anderen. Er hatte sich in ein anderes Revier begeben, um dort ein Rudel zu finden, an dessen Spitze er sich setzen konnte und war sogar bereit es mit anderen Rüden aufzunehmen. Immer mehr erinnerte er Mordred an sein früheres Ich. Es schien so lange her zu sein. Eine andere Welt. Ein anderes Leben.
Als er spürte, wie sich seine Lefzen in unwilligem Knurren zurückzogen, verwandelte er es in ein aufrichtiges Lächeln. Er hatte Corbos Blick gesehen, mit dem der Rüde seine Umgebung sondierte. Er war klug und vorraussichtig und Mordred entschied ihn trotz ihres Konkurrenzkampfes zu mögen.
Dräcks Stimme entriss ihn einmal mehr seinen grüblerischen Gedanken und er verhielt seinen Schritt, um dem Rüden angemessene Aufmerksamkeit zu schenken. Der Ton, mit dem der sonst so vorwitzige Wolf sein Anliegen vorbrachte, sprach für die Wichtigkeit seiner Worte. Es schien ihm viel an diesem eigentümlichen Brauch zu liegen und was wäre er für ein Alpha, wenn er die Eigenarten und Wünsche seiner Wölfe nicht respektierte. Corbos Worte erschienen ihm recht kalt und distanziert, daher wählte er ließ er es nicht darauf beruhen und wählte seinen eigenen Worte mit Bedacht. Hatte nicht auch er seine eigenen Sitten und Bräuche? Erhoffte nicht auch er Verständnis und Nachsicht für seine Umstände? „Wir kennen einander noch nicht lange und gut genug, um die verschiedenen Bräuche zu verstehen. Es steht dir frei deine Beute fernab von unserer Jagd zu wählen und niemand wird sie anrühren, ehe du es gestattest. Wenn du möchtest, kannst du sie in der Nähe des Lagers vergraben, um sie vor Beuteräubern zu schützen.“ Er hielt einen Augenblick inne, doch verschwieg er, dass er gern mehr über Dräcks Jagdverhalten erfahren hätte. Der junge Rüde würde von sich aus zu ihm kommen, wenn ihm danach war. Statt dessen schaute er sich lauschen um und leckte sich über die Lefzen, um die Luft zu schmecken. Seine Sinne, durch die Magie der Menschen und Götter geschärft, nahmen kaum Regung in diesen trostlosen Wäldern war. Es stimmte ihn traurig, dass diese idyllische Landschaft, die auf den fremden Betrachter so ruhig und friedlich scheinen musste, in Wirklichkeit von Tod und Leid sprach. Von Einsamkeit und Verlust. „Wenn du dich östlich hälst gelangst du zu den Wasserfällen. Dort gibt es nicht nur Fische, sondern auch kleinere Beutetiere. Wo dich dein Weg auch hinführen mag, wende dich nicht nach Norden oder verlasse mein Revier. Dort erwartet dich nur der Tod.“ Er traute dem jungen Rüden einiges zu, doch nicht einmal er wagte sich ein weiteres Mal in diesen Teil des Waldes.
„Wir anderen wenden uns westlich. Es ist nicht mehr weit, nurnoch wenige Wolfslängen, dann gelangen wir an eine Lichtung. Dort grasen für gewöhnlich die Rens.“ /Wenn die Menschen sie nicht wieder fortgejagt haben, um uns am Fressen zu hindern/. Er schaute in die Runde und erwartete die Reaktionen seiner Gefährten.

Schweigend lief sie nebenher und lauschte lediglich den Geräuschen des Waldes. Wenn sie sich auf eine Sache konzentrierte, dann ausschließlich auf diese und auf nichts anderes. Es war so viel Unbekanntes hier und sie spürte, wie das Adrenalin in ihren Adern pulsierte. Sie hoffte inständig, dass sie etwas Fressbares in dieser Idylle fanden, auch wenn es so aussah, als würde das noch einige Momente dauern.

Corbo gesellte sich an Mordreds Seite und versuchte sich den Weg einzuprägen. Er nickte ihm zu und konzentrierte sich dann wieder auf den Wald. Er hatte Dräck beiläufig zugehört und hob den Kopf "Ich will dich echt nicht loswerden, aber ich glaube auch das es eine bessere Idee ist wenn du alleine Jagst. Ich habe wenig lust Tage lang auf meine Nahrung zu warten die ich selbst erlegt habe".