Der Wald des Nordens

Dräcks Ohren gingen nach hinten, als Mordred seine Rede beendet hatte.
"Vielleicht sollte ich dazu sagen, dass ich noch nie im Rudel gejagt habe. Nicht mit Wölfen wie euch.
Ich muss meine Gebete sprechen, bevor das Tier erlegt wird und ich muss sicher gehen, dass sich die Seele vom Körper getrennt hat, bevor wir es fressen, weil diese sonst mit höllischen Schmerzen ihren Weg gehen muss.
Es wird euch nicht gefallen, wenn ich euch sage dass das Tage dauern kann"
Er sah in die Runde, sein Gesicht verzerrte sich nicht, es blieb ernst, dieses mal.
"Ich will da kein Spielverderber sein, aber ich glaube keiner von uns möchte das Gefühl verspüren bei lebendigem Leibe aufgefressen zu werden, ohne zu sterben. Wir schulden ihnen einen ehrbaren Tod."
Im ersten Moment wollte er pausieren, um Platz für Einwände zu schaffen, aber er sprach weiter, wendete seinen Blick von allen ab.
"Daher halte ich es für klüger, wenn wir getrennte Beute machen."

Mordred trat zu seinen Jagdgefährten, wobei er Derya ein freundliches Lächeln zuwarf. Als sein Blick auf Corbo fiel, war seine Miene undruchdringlich. Hatte der Tonfall des Nordwolfes herausfordernd oder gar abwertend geklungen? Der Rüde hatte eine hohe Dominanz, doch soweit würde er nicht gehen. Er vertrieb die Gedanken, die sich einschleichen wollten und schritt an den Wölfen vorbei. Wie selbstverständlich setzte er sich an ihre Spitze und führte sie in den Wald hinein. Es war schwierig Wild zu finden, doch er kannte die Stelle, an der sie um diese Zeit zu rasten pflegten. "Es ist nicht weit von unserem Lager entfernt, wenn uns Lunaris gesinnt ist, sollten wir schon bald auf eine kleine Gruppe Rens treffen." Er lächelte die Anderen über die Schulter hinweg in freudiger Erregung an und wählte ohne dessen bewusst zu sein das vertrauliche Wir.

Derya trappte leichtfüßig zu den anderen. Still beobachtete sie die Umgebung. Die Sonnenstrahlen schimmerten durch die lichten Baumwipfel und es war still. Merkwürdig still. Die Fähe sah zu Morded, auf seine Worte wartend.

Corbo stellte die Ohren auf und sah sich um. Wenn sich hier Beute versteckte würde es ein leichtes sein sie zu finden, der Wald war alles andere als dicht bepflanzt. Er wartete bis alle da waren und sah Mordred an, seine Worte vernahm er, doch hielt es nicht für nötig noch einmal darauf zu antworten "Also, führe uns zu deinen Menschenfreien Plätzen".

Dieses Mal ignorierte er jede alle Kratzer, Schrammen und Schnitte. Vielleicht ein wenig wegen der Anwesenheit einer hübschen Fähe.
Seine Blicke glitten nach hinten und er wartete auf die anderen.
Der Wald war ihm zwar nicht gänzlich fremd, aber sehr gut kannte er ihn auch nicht.
Das war wohl Mordreds Fachgebiet.
Er hatte in Wahrheit keine Ahnung, wie er bei einer Konfrontation mit Menschen reagieren würde.

Corbo versuchte nicht loszuprusten um den anderen nicht zu beleidigen.
Über die ablenkung des anderen Rüdens war er wirklich froh "Nein" murmelte er
misstrauisch und bewegte sich auf ihn zu.

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"Hauptsächlich die Suche nach Gleichgesinnten, sei es nun ein Wolf oder einen Namensvetter unter meinen Pfoten."
Dräck hob seine Vorderpfote, von der etwas Staub rieselten.
Mit aufgestellten Ohren und einen breitem Grinsen rief, er "Ach, da ist ja schon einer."
Seine Blicke wanderten wieder zu Corbo, "aber Unterhaltungen mit Wölfen sind für gewöhnlich geistreicher und interlektuär ansprechender."
Er sah in eine andere Richtung in der er glaubte den Duft eines anderen Rüdens wahrzunehmen.
Er schärfte seine Augen "Gehört er zu dir?"

Corbo hob nun beide Brauen und nickte langsam, er murmelte ein leises "okaay..." und setzte dann wieder eine freundliche Miene auf "Was führt dich hier in diese Wälder... Dreck?" er grinste "Dräck".

"Interessante Wortwahl..."
Dräck stellte sich frontal dem Rüden gegenüber.
"Ich grüße..." murmelte er für sich.
"Ich grüße..." murmelte er erneut, verzog auffällig das Gesicht.
"Ich grüße..." dieses mal sprach er in einer gepitchten Stimme, etwas lauter und verzog seine Lefzen erneut.
"Ja... In der Tat eine interessante Wortwahl.
Ich bin Dräck. Alle Verniedlichungen und Spitznamen lehne ich ab und werden von mir mit grimmigen Blicken bestraft."

Corbo hob eine Braue und musste grinsen, bescheuert traf wohl eher zu, denn feindselig war er nicht.
Er entspannte seinen Körper ein wenig und nickte dem fremden zu "Ich Grüße" sagte er mit ruhiger Stimme.

Ein Wolf, kein Rudel.
Dräck steuerte weiter auf ihn zu, er wusste dass man ihn in diesem Moment für vollkommen bescheuert halten müsste.
Er entspannte sich, lies seine Pfoten schleifen und nahm bei jedem Schritt mehr Blätter mit.
Er ging auf Konfrontation, fixierte die Augen des jungen Rüden, weichte nicht vom Weg ab, blieb dabei aber ruhig, mit hängender Rute, schlaffen Ohren und geglättetem Fell. "Wenn du vor hast ewig so stehen zu bleiben, kann ich dir versprechen dass du Morgen Schmerzen haben wirst. Das ist nicht gut für die Muskeln."

Der Stand der Sonne stieg rasch und der Wald wurde heller. Corbo spitzte die Ohren als er in weiter Ferne silbern glänzendes Fell sah. Das etwas bewegte sich schnurstracks auf ihn zu und gab sich keinerlei Mühe auch nur annähernd nicht aufzufallen.
Er stellte das Nackenfell und dachte darüber nach was sein Vater ihm beigebracht hatte.
Entweder war sein Gegenüber sehr dominant und auf einen Kampf aus oder einfach komplett bescheuert.

Mordreds Gedanken galten seiner Vergangenheit und er achtete nicht auf den Weg, den er einschlug. Das war auch gar nicht nötig, denn seine Füße kannten den Weg. Auf Pfoten oder auf Schusters Rappen, er war diesen Weg unzählige Male gelaufen. Er hatte die kleine Lichtung umgebaut und eingerichtet, um sie für ein Rudel bewohnbar zu machen. Ein Rudel, welches er nurnoch finden musste.
Seine Haut begann zu kribbeln und sein Blick glitt nach oben. Der Tag brach an und bald schon würde er endlich wieder auf vier Pfoten laufen.

Dräcks silbernes Rückenfell ragte glänzend aus jenen Büschen, die er streifte hervor.
Er bewegte sich unbeholfen und machte sich keine Mühe leise zu sein.
Sein Kopf war weit gehoben, ein blindes Reh hätte seinen weiß glänzenden Kopf aus Entfernungen sehen können.
Geruchsblind und mit taubgestellten Ohren, bewegt er sich tiefer in den Wald, auf Corbo zu.

Auf leisen Pfoten huschte der schwarze Rüde durch das Unterholz. Der kalte Regen prasselte auf sein glänzendes Fell und machte ihm die Sicht schwer. Dunkel war es, doch bald würde die Sonne die Berge überragen und den Wald erhellen.
Lang war Corbo gereist, hoch aus dem Norden kam er, war seiner Nase gefolgt und nun hier gelandet. Das Land war alles andere als üppig und auch Beute hatte er noch keine gemacht. Doch eine Neugier trieb ihn tiefer in die Wälder hinein.

"Wir schreiben das Jahr 1764. Ein rauer Winter beherrscht Frankreich und die Umgebung Nerións. Mensch und Tier leiden gleichermaßen, doch ist es nicht die Kälte des Winters, die sie erfrieren lässt oder das kahle Land, das sie verhungern lässt. Sie allesamt werden von der grausamsten Bestie niedergestreckt, welche die Hölle zu bieten hat. Sie haust in den Schatten der Wälder und ihr giftiger Pestatem verseucht das Land. Die Menschen reden von einer dämonischen Kreatur, einem loup-garou, einem Werwolf. Die riesigen Pranken mit vier Krallen bestückt, die mächtiger und tödlicher sind als die Klauen der wilden Bergkatzen. Eine Mischung aus Wolf und Haushund, der Kopf so gewaltig wie bei keinem gewöhnlichem Wolf und mit einer zotteligen Mähne umrahmt. Ihre Opfer sucht sie sich willkürlich aus, meist sind es Frauen und Kinder, die Schwächsten des menschlichen Rudels. Ihre Brutalität ist grenzenlos. Sie stürzt sich auf die wehrlosen Opfer wie eine Katze auf die überraschte Maus und reißt ihnen die lebenswichtigen Organe aus dem Leib. Niemals frisst sie, denn der Spaß allein ist es, der sie zum Töten bringt.
Wer ihrer entfesselten Blutgier entkommt, verfällt dem Wahnsinn.
Die Menschen wagen sich kaum mehr aus dem Schutz ihres Dorfes heraus und des Nachts verkriechen sie sich hinter die schweren Holztüren und Steinwände ihrer Häuser. Dies ist die Zeit der Wölfe, denn tagsüber werden sie gnadenlos von den Menschenjägern gejagt, die ihnen nach dem Leben trachten, um sich nicht völlig machtlos zu fühlen. Doch so viele sie auch von uns töten, die Bestie erwischen sie nie.
Ist es vielleicht doch kein Wolf, der diese grausamen Morde begeht? Homo homini lupus, der Mensch ist dem Menschen ein Wolf.“

~ Langsam senkte sich die Feder und der junge Mann, der sie mit sanftem Griff umschlossen hielt, seufzte schwer. Sein Blick glitt durch das vergitterte Fenster nach draußen. Die Nacht war dunkel und allein die Sterne funkelten am Firmament. Bald schon würde die Sonne aufgehen und ein weiterer Leichnam würde gefunden werden. Blutüberströmt, die Innereien herausgerissen und verstreut, als habe jemand den toten Körper durchsucht.
„Zwei Gegner gilt es zu bezwingen.“ Die Stimme des Mannes war dunkel und weich und wurde von den kalten Wänden zurückgeworfen. „Den Menschen und die Bestie. Den Menschen, die Bestie.“ Jäh erhob er sich. In den rot glühenden Augen stand pure Entschlossenheit. „Ich brauche ein Rudel. Es wird Zeit, die alte Lichtung wieder aufzusuchen.“

Ein Mischwald, in dem man jagen oder streunen kann. Die Beute ist rar, seit die Menschen ihre Siedlung aufgebaut haben und nach dem Auftauchen der Bestie vor allem am Tag kein sicherer Ort mehr für Wölfe. Nicht selten sind Jäger der Menschen anzutreffen, die sich auf die Suche nach der Bestie gemacht haben und jedem Wolf, der ihnen in die Quere kommt, nach dem Leben trachten.